Taubenpfeifensport

Von Prof. Dr. Axel  Sell

Tauben erfreuen den Züchter nicht nur durch ihr Erscheinungsbild und ihr Verhalten. Frei fliegende Tauben hatten in vielen Regionen auch eine große Bedeutung für die menschliche Ernährung und in vielen Teilen der Welt, entwickelte sich ein Flugsport mit Tauben. Verluste durch Greifvögel, könnten dann auch ursprünglich in China dazu geführt haben, dass einzelnen Tauben zur Abwehr, Pfeifen aufgesetzt wurden. Wohl nicht ganz ohne Erfolg, wie ein Verbot von Taubenpfeifen aus dem Jahr 1287 aus der Mongolenzeit zugunsten der Falkenjagd vermuten lässt. Die mit Pfeifen versehenen Tauben erzeugen im Flug durch den Luftzug, Töne, deren Klang und Höhe vom benutzten Material und der Größe der Öffnungen abhängt. Was auf die Greifvögel abschreckend wirkte, das erzeugte bei den Züchtern offenbar Wohlbefinden. Es wurden Pfeifen mit mehreren und unterschiedlich großen Öffnungen geschaffen, die ein aufeinander angestimmtes Klangbild erzeugen. Erste Aufzeichnungen über diese Liebhaberei existieren der Literatur zufolge bereits seit etwa 1700 vor unserer Zeitrechnung, sodass der Taubenpfeifensport auf eine Tradition von mehreren Jahrtausenden zurückblicken kann. Insbesondere in Peking soll der Sport schon im 16. Jahrhundert weit verbreitet gewesen sein, und auch heute noch wird er dort ausgeübt. Die Pfeifen sind sowohl kleine Kunstwerke, die den Sammler erfreuen, als auch von den Taubenliebhabern eingesetzte Gebrauchsgegenstände. Es gibt unter den mehr als hundert verschiedenen Typen solche, die mit Elfenbein und anderem Zierrat ausgestattet sind und einen so hohen Liebhaberwert besitzen, dass sie nicht mehr der Gefahr des Verlustes während des Fluges ausgesetzt werden. Es gibt aber auch ganz einfache, die für jeden Liebhaber erschwinglich sind. Als Material finden meist kleine Kürbisse, Bambus und Schilfröhrchen Verwendung, wobei diese Elemente zur Erzeugung einer größeren Klangvielfalt und –Fülle  durch verkleben auch in einer Pfeife kombiniert werden. Unterhalb des Klangkörpers ist ein Befestigungsstab, der eine Öse enthält, angebracht. Die Größe und Masse, Anzahl der Öffnungen und andere Details der Pfeifen schwanken beträchtlich. In den Bei Levi angeführten Quellen wird ein Gewicht von 3,5 bis etwa 14 Gramm genannt. Bei der auf einem Kleintiermarkt in Peking vom Verfasser 1988 erworbenen Kollektion, bestand die kleinste Pfeife aus drei aufeinander geklebten Röhrchen mit einem Gewicht von fünf Gramm und einer Länge von vier Zentimetern. Die größte wurde aus einem kleinen Kürbis mit 17 in den Hohlkörper eingelassenen Röhrchen gebildet, enthält insgesamt 20 Öffnungen, wiegt 33 Gramm und hat einen Durchmesser von acht Zentimetern. Als besondere Verzierung ist vorn ein Pfauenkopf aufgesetzt., auf dem Pfeifenkörper sind zudem Flügel eines Pfaus eingeritzt. Die Pfeifen werden den Tauben zwischen den zwei mittleren Steuerfedern mit den Öffnungen in Flugrichtung aufgesetzt. Dazu werden die Schäfte der beiden Federn kurz über der Schaftbasis zusammengebunden oder –genäht. Danach wird der Befestigungsstab zwischen die beiden Federschäfte geführt und unterhalb des Schwanzes durch einen Draht gesichert. Die Pfeife kann durch diese Konstruktion während des Fluges nicht verloren gehen. Für den Sport  benötigt man ruhige und bei den größeren Pfeifen auch kräftige Flugtaubenrassen, die ausdauernd kreisen. Verwendet werden die auch in Europa bekannten mittelgroßen Chinesischen Weißschild –und Schnippentümmler sowie verwandte Rassen, aber auch Brieftauben und brieftaubenähnliche Lokalrassen. Die Tauben mögen anfangs durch das Aufsetzen der Pfeifen etwas irritiert sein, das Geräusch selbst scheint aber keine besondere Beunruhigung bei ihnen auszulösen. Der Taubenpfeifensport ist heute nicht nur auf China beschränkt. Er wird auch in einigen angrenzenden Ländern und in Indonesien praktiziert, möglicherweise durch die dort lebenden chinesischen Minderheiten eingeführt. “Klingende Tauben“ gibt es auch in anderen Ländern. So befestigt man beispielsweise in Indien und in einigen arabischen Ländern kleine Glöckchen an den Füßen der Tauben, eine Liebhaberei, die man auch auf Bali in Indonesien pflegt. Einem Bericht aus dem 1888 zufolge, dienten die Glöckchen in Indien dazu, den Beobachtern bei Nachtflügen die jeweilige Position des Taubenschwarmes anzuzeigen.

Mit Erlaubnis von

von Prof. Dr. Axel  Sell

http://www.taubensell.de/